In Gefahr

Herbst 1982

Wir waren 10 Jahre alt und gingen in die 5. Klasse in Tübingen ins Wildermuth Gymnasium. Zwei kleine, relativ unbedarfte Schulmädels auf dem Heimweg von der Schule. Unser Sportunterricht endete Freitagnachmittags um 18 Uhr. So war es in diesem Spätherbst bereits dunkel, als wir die Straße entlang gingen, vorbei an zwei weiteren großen Gymnasien. Normalerweise ging ich durch den Anlagenpark, um meinen Bus zu erreichen. Aber abends war es dort dunkel. Meine Freundin Kerstin lebte ca 15 Gehminuten von der Schule entfernt. So gingen wir den ersten Teil des Heimwegs gemeinsam, bevor sich unsere Wege am Bahnhof trennten.

An diesem Abend waren wir im Gespräch, daher bemerkte ich erst nichts. Kerstin wies mich dann darauf hin, dass ein Mann hinter uns aus dem Gebüsch gesprungen war und uns seither hinterherlief. Jetzt wurde es mir auch klar, dass wir wohl in Gefahr waren, denn er schien es auf uns abgesehen zu haben. Bereits damals hörte man immer wieder von Kindern, die auf mysteriöse Weise verschwanden. Was sollten wir tun? Handys gab es noch nicht, es hätte auch nicht unbedingt genützt. Weit und breit war kein Mensch und es war stockfinster. Wir hatten beide entschieden, zu Jesus gehören zu wollen und wussten, dass er immer bei uns ist. So war es für mich selbstverständlich, ihr vorzuschlagen, gemeinsam zu beten. Wir baten Gott um seinen Schutz in dieser gefährlichen Lage, während wir weiterliefen, im Vertrauen auf Gott, aber auch mit verzagten Herzen. Nach einiger Zeit überholte uns der Mann, wartete in einer Einfahrt, um dann wieder hinter uns her zu laufen. Was würde er mit uns machen? Dann kam der Punkt, wo ich nach rechts zur Unterführung und zu meinem Bus abbiegen musste. Ihr Heimweg  führte weiterhin geradeaus, und dann nach links auf die Neckarbrücke. Wir trennten uns bangen Herzens. Der Mann entschied, meiner Freundin nachzugehen, während ich zu meinem Bus eilte. Was würde wohl mit ihr passieren? Diese Frage stellte ich mir unentwegt auf der circa 30 minütigen Fahrt nach Hause. Es war ein langer Weg, auf dem ich betend und hoffend im Bus saß.

Endlich kam ich zu Hause an. Meine Eltern erwarteten mich besorgt. Kerstins Eltern hatte bereits angerufen. Was war mit ihr passiert?, war meine größte Frage. Jetzt erst hörte ich die zweite Hälfte der Geschichte und staunte. Als der Mann gemerkt hatte, dass sie auf die belebte Neckarbrücke abbog, war er umgekehrt, vermutlich um nach mir zu schauen. So hatte sie sich dieselbe Frage gestellt. Doch ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits im Bus gesessen.

Für mich war dieses Erlebnis eine der ersten sehr konkreten Gebetserhöhungen, die mir zeigte, dass Jesus immer auf mich aufpasst. Wahrscheinlich hat diese sehr konkrete Erfahrung maßgeblich dazu beigetragen, dass ich lernte, in allen Lagen auf Gottes Schutz zu vertrauen.

„Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir.“ Psalm 23, 4

Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen. Matthäus 18, 20

(c) Katharina Kopp

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