Tsunami in Samoa

Dienstag, 28. September 2009:

Kurzer Lagebericht: am Dienstag, 28.9.2009 Morgen um 7 Uhr (samoanische Zeit) war in Samoa ein heftiges Erdbeben zu spüren mit einer Stärke von 8,3. Im Anschluss gab es im Süden Samoas drei Sturmwellen, die ganze Häuser und Dörfer wegrissen. 140 Menschen kamen dabei ums Leben, andere wurden schwer verletzt. Viele haben liebe Angehörige, Häuser und materielle Güter verloren.

Meine persönliche Geschichte mit diesem Ereignis: Am Tag vorher waren die beiden deutschen Mädels, Hilde und Linda zu mir gekommen. Sie waren ungefähr einmal in der Woche jeweils von Nachmittags bis zum Schulstart am nächsten Morgen bei mir. Wir aßen zusammen und machten meist etwas Nettes. Dann gingen wir zu Bett und am nächsten Morgen ging es direkt zur Schule. Soweit die Routine.

Doch dieses Mal war alles anders: am Montag Abend lagen die Mädels im Bett und ich war wohl auch am Schlafen. Da erhielt ich um halb 12 einen Anruf vom Flughafen, wo ich denn bliebe. Die beiden Besucher aus der Schweiz waren angemeldet und es war auch alles für ihre Ankunft am Dienstagabend organisiert. Aber es war erst Montag! Wieder einmal hatte die verwirrende Datumsgrenze zu Verwechslungen geführt. Statt abgeholt zu werden, kamen sie also per Taxi bei mir an. Die Betten waren ja bereits für diese Nacht belegt, also schnell ein paar andere Schaumstoffkissen zusammengesucht und ein Nachtlager für die Geschwister hergerichtet. Und so begann die Nachtruhe spät für uns.

Am Dienstagmorgen war ich gerade dabei, für Hilde und Linda die Pausenbrote zu richten als das (Holz)Haus anfing zu wackeln. Auch die beiden späten Besucher wachten davon auf und erschraken heftig. „Wohin?“ war die große Frage. Als Hausherrin war ich natürlich gefragt. Die Mädels rannten nach draußen, die beiden Schweizer versteckten sich unter dem riesigen massiven Tisch – und ich? Bis ich mich besonnen hatte, dass der Türrahmen auch noch ein sicherer Ort war, hatte das Beben aufgehört. Ca 2 Minuten hatte es gedauert. Außer einem Spiegel war bei mir nichts zu Bruch gegangen – im Holzhaus ist man doch recht sicher und das Beben war auch nicht die große Gefahr – zumindest nicht für uns im Norden der Insel. Das Beben hatte südlich der Insel stattgefunden. Die Katastrophe kam einige Minuten später an der südlichen Seite der Insel an. Dort schlugen dann die entsprechenden Wellen zu und verursachten einigen Schaden.

Unsere Geschichte ging relativ glimplich weiter: Die Mädels kamen heil bei ihrer Mutter an und auch meine Besucher kamen mit dem Schrecken davon.

Ob und wie lange noch Elektrizität und Kommunikation funktionieren würde, war zunächst ungewiss. Es war dann aber nicht so dramatisch und ich hatte noch Gasvorrat zum Kochen und Backen.

Als ich endlich telefonisch zu unserem deutschen Ehrenkonsul durchkam, erfuhr ich, dass einige Deutsche im Krankenhaus waren, die im Süden der Insel „Upolu“ von den Tsunami Wellen erfasst worden waren. Im Krankenhaus begegnete ich einer Deutschen, die diesen Tag bis heute als ihren zweiten Geburtstag feiert. Ich las ihr aus der Bibel vor, tröstete sie und betete mit ihr. Sie hatte einen heftig infizierten Fuß, konnte aber noch an dem Tag in ein Krankenhaus nach Australien geflogen werden.

Was das Beben mit mir machte, davon berichte ich ein anderes Mal. Alles in allem bin ich dankbar, dass keine weitere Flutwelle kam und Apia verschont blieb. Vieles im Leben nehmen wir selbstverständlich, aber so oft werden wir bewahrt, wo es auch anders hätte ausgehen können. Dafür möchte ich sehr dankbar sein.

Meine eigene Herausforderung war eine andere, die spielte sich in den darauffolgenden Wochen und Monaten ab:

Angst – in allen Gliedern…
War das wieder ein Beben?
Wird es stärker? Lässt es nach?
Habe ich das Nötige gepackt?
Muss ich in die Berge rennen oder
bin ich weit genug weg vom Meer?
Schwankt mein Haus nicht schon wieder?

Da: ein Geräusch!
Und wieder ein leichtes Beben.
Wann wird das Elend aufhören?
Wann werde ich nach Hause gehen dürfen
In die himmlische Heimat?
Werde ich jemals wieder ohne diese innere Angst schlafen können?
Bebt es tatsächlich noch
Oder ist das nur meine innere Angst?

Alleine liege ich im Bett in meinem Haus in Alamagoto.
Alle Besucher sind wieder weitergezogen.
Fragen quälen.
Wo geht es hin?
Was wäre gewesen, wenn ich in den Fluten ertrunken wäre?
Nach Hause und aus mit diesem ständigen Kampf
Um Zugehörigkeit, um Menschen, die mir nahe stehen?
Oh Herr, wo gehöre ich hin?

Und dann wieder dieses Bild, dieses Mal plastisch:
Ein Kind spielt mit einem Spielball,
er gleitet unter den Tisch, wird wieder hervorgeholt,
hin und her, doch er entgleitet den Händen des Eigentümers nie.
Gott, bin ich noch in deinen Händen?
Wo geht der nächste Schritt hin?

Furcht sitzt in allen Gliedern,
macht mich stark zum Zeugnis für Ihn,
zwingt mich klar zu sein in meinen Aussagen,
für ihn hinzustehen.
Mit dir will ich leben, für dich will ich alles geben.
Dein bin ich oh Herr, im Leben und im Tod.
Bewahre mich und halte mich in deiner Hand sicher!

Samoa, 4.10.2009

Ja, ich kann wieder in Frieden schlafen, was mich sehr dankbar macht. Und vielleicht haben diese und ähnliche Situationen mich stark gemacht, zu vertrauen, dass nur das Macht über mein Leben hat, dass Gott zulässt.

(c) Katharina Kopp

2 Kommentare zu „Tsunami in Samoa

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