Hörst du noch – oder siehst du schon?
Angeregt durch Ausführungen zu Hiob im Januar bis April 2021 entstanden einige Gedanken in Haiku-Form*. Die Geschichte Hiobs hat gewisse Parallelen mit dem, was im Leben so vor sich geht. So ist dieser Text Hiob nachempfunden, spricht mir aber persönlich aus dem Herzen – dir vielleicht auch?
Hab so viel gehört,
Von dir, dem Weltenschöpfer.
Doch nix verstanden.
Geklagt, gejammert,
Verzweifelt nach dir gesucht.
Hörst du mich, mein Gott?
Du fragtest Vieles,
Doch ich weiß keine Antwort
Auf deine Fragen.
Begreif' es langsam:
Hörensagen reicht nicht aus.
Mein Verstand zu klein.
Staunend bleib' ich steh'n,
Deine Wunder anzuseh'n.
Großes wirkst nur du!
Größer als alles,
Unendliche Weite bist du,
Der alles erdenkt.
Wer gleicht dir jemals?
Ursprung, Anfang und Ende,
Wer kann's ergründen?
Klein bin ich vor dir,
Weich wie Ton in deiner Hand,
So harre ich aus.
Weglaufen geht nicht,
Denn auch dort wartest du schon!
Kein Weg führt vorbei.
Die Enden der Welt,
Gesehen hab' ich sie längst.
Alles ruht in dir!
Der Ozean brodelt,
Wenn der Ewige befiehlt,
Den Tiefen des Meers.
Du redest ein Wort,
Alles entsteht wunderschön,
Fassen kann ich's nicht.
Nichts ist dir zu schwer,
Was du dir vornimmst, geschieht.
Mein Kopf ist zu klein.
Verstehen geht nicht,
Hörensagen reicht nicht aus,
Viel zu groß bist du.
Sehen werd ich dich,
Ergründe deine Tiefe.
Antwort bist nur du!
Satt kann ich werden,
Beim Anschau'n deines Bildes,
Wenn ich erwache.

* Haiku ist eine japanische Gedichtform, die von der Reduktion lebt. Das Reinschema besteht aus 1. Zeile: 5 Silben, 2. Silbe: 7 Zeilen, 3. Zeile: 5 Silben. Da die deutsche Sprache eine andere Struktur hat als die japanische, sind manche Sätze grammatikalisch nicht korrekt. Aber das Wesentliche kann in wenigen Worten ausgedrückt werden. Man kann auch längere Texte so schreiben, indem mehrere Haiku aneinandergereiht werden. Auch können einzelne Haiku aus dem Gedicht einzeln gelesen oder anders kombiniert werden.
(c) Katharina Kopp